23
Jun
2005

Versicherungsrecht: OGH zur Auslegung von vertraglichen Risikoausschlüssen

Der Kläger hat bei der Beklagten eine „Einzel-Unfallversicherung für Berufs- und Freizeitunfälle" abgeschlossen, der die AUVB 1999/SS 11 zu Grunde liegen. Nach Art 18 AUVB 1999/SS 11 bestehen diverse Risikoausschlüsse und bei Vertragsabschluss bestand die Möglichkeit, diverse "Sonderrisiken" aufgrund von Sportarten, die mit besonderen Gefahren verbunden sind, extra zu versichern. Die Sportarten „Klettern oder Extremklettern" waren im Antragsformular nicht angeführt und der Begriff „Sonderrisiko" nicht weiter definiert.
Der Kläger erlitt beim Klettern auf einer Route der Schwierigkeitsstufe 5 + bis 6 einen Unfall, der zu einer Invalidität von 10 % des Beinwertes führte.
Mit der Behauptung, das verwirklichte Risiko sei vom Versicherungsvertrag beziehungsweise -schutz mitumfasst, begehrte der Kläger - ausgehend von einer entsprechenden unfallskausalen Invalidität - 15 % der Versicherungssumme.
Die beklagte Versicherung bestritt das Klagebegehren und berief sich auf Leistungsfreiheit, weil ihr der Kläger verschwiegen habe, dass er Klettern mit hohen Schwierigkeitsgraden als Extremsport ausübe. In Kenntnis dieses Umstandes hätte sie den Versicherungsvertrag nicht oder nur gegen erhöhte Prämienzahlungen angenommen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung.
Der Oberste Gerichtshof gab der außerordentlichen Revision Folge.
Risikoausschlüsse dürfen als Ausnahmetatbestände, nicht weiter ausgelegt werden, als es ihr Sinn unter Betrachtung ihres wirtschaftlichen Zweckes und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhanges erfordert. Die beispielhafte Aufzählung bestimmter Sportarten im Antragsformular muss nach dem Höchstgericht von einem redlichen Erklärungsempfänger nicht so verstanden werden, dass damit alle besonders gefahrengeneigten Sportarten vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sein sollten.
Auch eine Verletzung der Anzeigepflicht im Sinn des § 16 VersVG lag nach dem Obersten Gerichtshof nicht vor: nicht ausdrücklich nachgefragte Umstände sind nicht schon wegen ihrer objektiven Gefahrenerheblichkeit mitzuteilen, sondern nur dann, wenn sich eine Frage konkludent auch auf sie bezieht, oder wenn ihre Mitteilung als selbstverständlich erscheint.

OGH, Urteil vom 11.5.2005, 7 Ob 30/05w - Extremklettern

Quelle:
News Versicherungsrecht BreitmeyerDecker Rechtsanwälte
OGH, Urteil vom 11.5.2005, 7 Ob 30/05w - Extremklettern im Volltext

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Wien

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